Der Bytespeicher auf dem #36C3

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Der 36. Chaos Communication Congress fand 2019 wieder in Leipzig statt – und wir waren mit dabei! Ein persönlicher Erfahrungsbericht.In den letzten sechs Jahren haben wir am sogenannten Congress Everywhere teilgenommen, seit 2014 in den Bytespeicher eingeladen und die Vorträge des Chaos Communication Congresses im Livestream gezeigt. Darüber gab es auch jeweils einen eigenen Blogbeitrag und entsprechende Ankündigungen.

Währenddessen haben sich viele Mitglieder benachbarten Hackspaces, z.B. Maschinenraum (Weimar), Krautspace (Jena), TIF-IT (Gotha) und WAK-Lab (Eisenach), S P A C E (Ilmenau) Eigenbaukombinat (Halle) und dezentrale (Leipzig) direkt auf dem Congress getroffen und sich gemeinsam in einer als Assembly bezeichneten Station organisiert. Diese Assembly nennt sich ChaosZone und wir wurden dazu auch in den letzten Jahren eingeladen, aber haben aus verschiedenen Gründen nicht am Congress vor Ort teilgenommen. Das wollte ich 2019 endlich mal ändern.

Da der Congress immer vom 27. bis 30. Dezember und auch 2019 wieder in Leipzig stattfand, war es zunächst kein Problem, sich länger darauf einzustellen. Ich hatte mir rechtzeitig eine stornierbare Unterkunft organisiert, weil es zum Zeitpunkt des Ticketverkaufs meist schon zu spät ist, ein günstiges Hotelzimmer zu bekommen. Der Ticketvorverkauf lief zum 36C3 wieder in mehreren Etappen ab, zunächst Voucher für Engel, also freiwillige Helfer des letzten Jahres, dann im November Voucher für Chaostreffs und Hackspaces und erst im Dezember freier Ticketverkauf zu definierten Zeitpunkten.

Wir als Hackspace sind allerdings nicht angeschrieben worden, ein Versehen oder eine Folge unserer Nicht-Teilnahme in den letzten Jahren? Jedenfalls konnte ich über den Krautspace an ein Ticket kommen, vielen Dank nochmals. Andere Mitglieder im Bytespeicher haben zunächst kein Interesse an Tickets gezeigt – oder wir haben sie nur nicht über den Matrix-Chat erreicht.

Die ChaosZone, organisiert von östlichen Chaostreffs und Hackspaces rund um C3D2 (Dresden) und EBK (Halle) haben uns auch dieses Mal dazu eingeladen, sodass uns zwei Plätze direkt in Nachbarschaft der oben genannten Spaces zur Verfügung stand. 

Kurz vor Weihnachten habe ich mich dann entschlossen, nicht wie geplant in Halle zu übernachten, sondern mir ein Bahn-Wochenticket zu kaufen und tatsächlich jeden Tag zu pendeln. Fahrzeiten unter 1 Stunden über Leipzig Hbf waren möglich, dank der guten ICE-Schnellbaustrecke. Allerdings waren die Rückfahrtzeiten nicht so optimal, wie sich noch herausstellte.

Neben Moritz und mir wollten auch noch 2 weitere Bytespeicher-Mitglieder am Congress teilnehmen, allerdings nur am 28.12. über Tagestickets aus dem Junghackertag-Kontingent.

Am Freitag, den 27.12. war es dann soweit. Abfahrt 9:30 am Hauptbahnhof in Erfurt. Bereits am Bahnsteig waren andere Congressteilnehmer zu erkennen. Am Messegelände angekommen, schlängelten sich rund 1000-2000 Teilnehmer in den Check-in. Durch die gute Organisation verlief der Einlass superschnell: Ticket mit QR-Code einscannen lassen, Congressbändchen nehmen und zum Verplomben gehen – fertig. Ein überwältigendes Gefühl, nach vielen Jahren (Games Convenstion 2008) wieder einmal in der Messe Leipzig zu sein.

Ich wusste auch genau, wo ich hin muss: Halle 2 – ChaosZone Assembly. Dort suchte ich mir zunächst Hilfe bei BigAlex vom C3D2, der uns die Plätze direkt neben dem Maschinenraum und TIF-IT reserviert hat. Die Mitglieder des Maschinenraumes haben eine Sojus-Kapsel als Chillout-Ecke nachgebaut, die gut erkennbar am Gang der Assembly stand. Zur ChaosZone gehörten etwa 80 Teilnehmer von zwei Dutzend Spaces, aber nur wenige haben sich durch Schilder hervorgehoben, sodass ich die anderen, die ich nicht persönlich kenne, zunächst suchen und ansprechen musste.

Der erste Talk direkt nach der Opening Ceremony war der von Moritz zu Fridays For Future Thüringen auf der Bühne von Chaos West. Die war in Halle 3 und nicht zu übersehen. Für den Weg von Halle 2 zu Halle 3 benötigt man zwar nur wenige Minuten, aber teilweise war in den markanten Röhren zur Glashalle ein ziemliches Gedränge. Bemerkenswert war die Anzahl an Rollern, Scootern und „Hoverboards“, die viele Kinder und Erwachsene zur bequemen Fortbewegung dabei hatten. Unfälle oder Stürze habe ich nicht erlebt, aber in den dunklen Hallen gab es sicherlich viele gefährliche Situationen. Zur besseren Orientierung gibt es die hauseigene c3nav Karte als App und zur optimalen Event-Planung den Congress Fahrplan. Etwas Schwierigkeiten hatte ich beim Einrichten des WLANs. Denn um die WLAN-Einstellungen des 802.11x-Netzwerkes zu kennen, brauchte ich ja zunächst Internet, um das Wiki zu erreichen.

Den ersten Talk auf einer der großen Bühnen war für mich „Vom Ich zum Wir“ von maha und Kai Biermann. Ich habe in der letzten Reihe der Tribüne Platz gefunden, aber durch zusätzliche Screens konnte ich auch von ganz hinten alle Slides erkennen. Die Atmosphäre mit rund 2000 Zuschauern muss man erlebt haben.

Zurück in der Assembly habe ich mich dann mit meinen Sitznachbarn ausgetauscht und noch weitere Bekannte wie die Freifunker und weimarnetz besucht. Verpasst habe ich allerdings sehenswerte Talks wie z.B. die Offenlegung der Schwachstelle zur Patientenakte oder Let’s Play Infokrieg. Die Talks kann man sich ja jetzt in Ruhe auf media.ccc.de anschauen. Aber die große Chance, viele interessante Leute und Gruppen auf kurzem Weg zu treffen und sich zumindest mal direkt zu unterhalten ist viel wichtiger als das Vortragsprogramm.

So hatte ich vor, konkret mit den Organisatoren von Jugend hackt und Chaos macht Schule zu sprechen und auf unsere Initiative Kids@Digital aufmerksam zu machen – allerdings war es insbesondere am 28.12. nicht machbar, weil der Junghackertag alle so sehr eingebunden hat.

Ich war noch in kleinen Talks, z.B. mit Julia von Code For Germany, die außerdem noch über feministische Hackspaces geprochen hat (das Thema beschäftigt mich seit 2016: Wer erinnert sich noch?).

Ein für den Bytespeicher wichtiger Self-Organized-Talk war der Vortrag How to (Re-)Start a Hackerspace von der belgischen Hackerspace Community (Video vom Lightning Talk, zusätzlich ein Podcast) mit der Seite hackerspace.design. Es geht um Do-ocracy, also um ein Thema, was auch im Bytespeicher sehr intensiv diskutiert wurde.  Die Kernaussage von Merlijn vom Hackerspace Gent lautet: den eigenen Hackspace zu hacken.

Moritz bei seinem Talk

Weitere besondere Termine für mich waren Gesprächsrunden mit Datenschützern, mit Hackern aus Halle, Leipzig und Dresden und der Regio-Treffen der CCC-Familie mit vielen Erfa-Kreisen und Chaostreffs. So konnte ich die Organisationsstruktur des Chaos Computer Clubs besser kennenlernen und viele Anregungen für unseren eigenen Chaostreff mitnehmen. Denn die entscheidende Motivation am 36C3 teilzunehmen hat mit diesem Tweet zu tun:

Ich habe zwar kein CCC-Mitglied aus Erfurt gefunden, allerdings waren doch mehr Erfurter auf dem Congress, teils ohne Kenntnis, dass wir als Hackspace teilgenommen haben, aber auch ohne mit uns in Kontakt zu stehen.

Für 2020 wünsche ich mir, dass der Chaostreff nicht nur wie bisher im Kalender steht, sondern auch inhaltlich gefüllt wird – und wenn es nur 1x im Monat ist. Das Interesse an den Themen des CCC, aber auch des Congresses ist enorm hoch, ein Großteil können wir mangels Erfahrung, Wissen und Zeit auch nicht abdecken, aber vielleicht müssen wir uns auch mehr Inspiration in anderen Spaces holen. Ich werde dazu öfter mal aufrufen, als Fahrgemeinschaft unsere Nachbarn zu besuchen und den Kontakt mit den anderen Chaostreffs und Spaces zu pflegen.

Eine Teilnahme am 37C3, der sehr wahrscheinlich auch wieder in der Messe Leipzig stattfindet, wäre schön, muss aber wie auch die Letzte gut geplant werden. Wer mitkommen möchte, kann sich schon einmal melden.

Bis dahin: fröhliches Hacken!